The Hateful Eight – Filmkritik

Mehr Krimi als Western

Das neueste Machwerk von Quentin Tarantino (Pulp Fiction, Reservoir Dogs) schlägt nach den großen Blockbustern Inglorious Basterds und Django Unchained eine andere Richtung ein. The Hateful Eight ist ein Kammerspiel – außer in einer Kutsche und einer Scheune, spielt er fast nur in einer Blockhütte -, in dem die meiste Zeit geredet wird. Und das hat einen Grund: Der Film ist mehr Krimi als Western, auch wenn er in Wyoming nicht lange nach Beendigung des amerikanischen Bürgerkriegs spielt. Eingesperrt in der Blockhütte „Minnies Miederwarenladen“ während eines Schneesturms, müssen die Kopfgeldjäger John Ruth (Kurt Russell) und Marquis Warren (Samuel L. Jackson) herausfinden, welcher der Hausgäste Ruths Gefangene Daisy Domergue (Jennifer Jason Leigh) befreien will, bevor er die beiden oder womöglich noch mehr der Anwesenden umbringt.

Samuel L. Jackson als belgischer Detektiv

Samuel L. Jackson (The 51st State, Shaft – Noch Fragen?) wandelt dabei auf den Spuren von Hercule Poirot, wenn er als Major Marquis Warren eins und eins zusammenzählt und versucht, herauszufinden, wer der Schuldige ist. Dabei stellt er sich genauso clever wie der wohlbeleibte Detektiv an. Inspiriert von den klassischen Verfilmungen der Agatha Christie-„Whodunit“-Geschichten beschäftigt sich der Film die meiste Zeit mit der Aufdeckung dieses Geheimnisses. Wobei kleine Ungereimtheiten und eingestreute Hinweise nicht nur die Aufmerksamkeit von Warren, sondern auch der Zuschauer erregen.

Explodierende Köpfe, ein abgetrennter Arm und Blutweitspucken

So möchte man herausfinden, wer von den Anwesenden denn nun die Wahrheit sagt und was passiert, sobald der oder die Lügner enttarnt werden. Natürlich hat man dabei auch immer Tarantinos Hang zu ausschweifenden Gewaltexzessen im Hinterkopf und erwartet daher mit Anspannung eine Eskalation der Geschehnisse. Der Gewalt frönt der Regisseur auch in diesem Film – wir sprechen von explodierenden Köpfen, einem abgetrennten Arm, Blutweitspucken und mehr -, aber erst nachdem das Sitzfleisch des Publikums ordentlich beansprucht wurde.

Makaber und Pervers

Als wäre das Geheimnis um den Übeltäter nicht genug, kommt es in dem engen Raum auch noch zu Reibereien zwischen Nord- und Südstaatlern und sorgt so nicht nur an einer Front für Konfliktpotential. Dabei spielt wieder einmal Warrens Anwesenheit und Hautfarbe eine entscheidende Rolle, da sich alte Konflikte nicht so schnell beilegen lassen und leicht aufflammen. So wird auch der Rassismus ein Thema, das mit Tarantinos klassisch verschrobenem Humor behandelt wird und in der Demütigung eines alten Generals auf höchst makabre und perverse Art seinen Höhepunkt findet.

Glänzende Performances

Die schauspielerischen Highlights des Films kommen eindeutig von Samuel L. Jackson, Jennifer Jason Leigh (Road to Perdition, Der Maschinist) und Walton Goggins (Shang-High Noon, Cowboy & Aliens). Jackson dominiert die Leinwand, Leigh mutet an, wie ein verschlagenes Kind, das den Unterschied zwischen Recht und Unrecht nicht kennt, und Goggins sorgt als Hinterwäldler, der pfiffiger ist, als er aussieht, für Lacher. Und Kurt Russell (Die Klapperschlange, Big Trouble in Little China) wieder in einem Film als Raubein zu sehen, löst nostalgische Gefühle aus.

Die Dialoge sind das Herz des Films

Es gab ja viel Aufsehen um die Verwendung des 70mm-Filmmaterials. Ob diese nötig war, kann dem Zuschauer aber eigentlich egal sein. Es macht für ihn keinen Unterschied. Der Film an sich funktioniert, auch wenn man auf einige Szenen verzichten beziehungsweise sie ein bisschen zurechtstutzen hätte können. Denn den Großteil der drei Stunden Laufzeit bleibt die Handlung spannend und unterhaltsam. Und das liegt auch an den Dialogen aus der Feder des Regisseurs. Der Soundtrack von Komponistenlegende Ennio Morricone (Spiel mir das Lied vom Tod, Zwei glorreiche Halunken) kommt aber leider nicht an seine alten Klassiker heran.

Wer auf einen actiongepackten Blockbuster oder einen zweiten Django Unchained hofft, wird von The Hateful Eight womöglich enttäuscht. Wer sich aber schon immer gefragt hat, wie ein Krimi à la Tarantino aussehen würde, und die neuesten Einfälle des Exzentrikers nicht verpassen möchte, sollte seinem achten Film einen Besuch im Kino abstatten.

Randnotiz: Das Drehbuch zum Film war vor Drehbeginn ins Internet gelangt. Aus Frust darüber sollte er dann eigentlich gar nicht mehr zustande kommen.

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