Deadpool – Filmkritik

Crocs, Hello Kitty und Katanas

„Schon wieder ein Rächer mit Maske“, denkt sich wohl der ein oder andere. Doch Deadpool unterscheidet sich von seinen Vorgängern nicht nur darin, dass er kein Held sein will. Der Film traut sich viel und ist dabei ein voller Erfolg. Sogar Vor- und Abspann sind unterhaltsam, selbstironisch und bleiben dem verqueren Humor der Actionkomödie treu. Deadpool ist ein Bösewichter enthauptender, Sprüche klopfender, Crocs und Hello Kitty-Armbanduhr tragender Antiheld. Eine gepeinigte Seele, die ihren Frust mit Ironie und Katanas rauslässt. Der Film ist eine Rachegeschichte, die auf zwei Ebenen erzählt wird: die Jagd von Deadpool auf seinen Peiniger und die Umstände, die dazu führten.

Mehr als eine blutige Romanze

© 2015 Twentieth Century Fox

© 2015 Twentieth Century Fox

Schon bevor Ex-Söldner und bezahlter Racheengel Wade Wilson (Ryan Reynolds) zu Deadpool wird, ist er ein Sprücheklopfer mit schrägem Humor. In der Prostituierten Vanessa (Morena Baccarin) findet er die große Liebe. Das verkorkste Pärchen teilt nicht nur besagten Humor, sondern auch die Vorliebe zu Schlafzimmerexperimenten. In dieser Hinsicht hat uns das augenzwinkernde Marketing zum Film nicht belogen, er ist wirklich eine Liebesgeschichte. Wovon sich Anti-Romantiker jedoch nicht abschrecken lassen sollten. Deadpool ist keine weitere Ryan-Reynolds-Schnulze. Deadpool ist blutig, verschroben, dreckig, versaut, ungehobelt, spannend, komisch und einfach nur unterhaltsam.

Ein Hoden mit Zähnen

© 2015 Twentieth Century Fox

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Nichtsdestotrotz ist die Liebe zu Vanessa das Element, das die Geschichte vorantreibt. Als bei Wade Krebs im Endstadium diagnostiziert wird, nimmt er an einem dubiosen Experiment teil, das ihn nicht nur heilen, sondern ihm auch noch Superkräfte verleihen soll. Doch in Wahrheit will ihn die mysteriöse Organisation, die dahinter steckt, als Supersklaven verhökern. Völlig entstellt, doch mit einer Selbstheilungskraft ausgestattet, die jede Wunde kurieren kann, entkommt Wade. Mit dem neuen Gesicht, das aussieht, „als hätte ’ne Avocado Sex mit ’ner älteren Avocado gehabt“ beziehungsweise wie ein „Hoden mit Zähnen“, traut er sich jedoch nicht, seine Geliebte anzusprechen. Also macht er sich auf, seinen Peiniger zu finden, damit dieser das Schlamassel wieder rückgängig mache. Dabei kämpft er sich nicht gerade zimperlich durch die Unterwelt bis zu dem Punkt, an dem der Film beginnt.

Selbstironisch durch die Wand

© 2015 Twentieth Century Fox

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Entgegen der Prognose dieses Peinigers namens Ajax (oder eigentlich Francis, wie Deadpool ihm immer wieder gerne in Erinnerung ruft), verliert der „Merc with a Mouth“ oder „der Söldner mit dem Großmaul“ seinen Sinn für Humor nicht durch die Qualen des Experiments. Im Gegenteil, die Labertasche scheint sogar noch quasseliger als davor geworden zu sein. Ein Seitenhieb folgt auf den anderen, während er Gegnern wortwörtlich auf die Seiten hiebt. Zu seinem Repertoire gehören aber auch popkulturelle Anspielungen und dreckige Witze. Bei deren Vortrag durchbricht er öfter die vierte Wand als der Kool-Aid Man in Family Guy. Das bedeutet, er spricht direkt zum Publikum über das, was gerade geschieht, und kommentiert es ironisch. Dabei nimmt sich Ryan Reynolds (Safe House, R.I.P.D.) nicht nur selbst auf die Schippe, wenn er auf seine unrühmlichen Auftritte in X-Men Origins: Wolverine oder Green Lantern anspielt, sondern sogar das produzierende Studio Fox, das dem Film nur ein schmales Budget bewilligt hat (das man dem Film aber nicht ansieht). Diesem schmalen Budget verdanken wir die Auftritte der eher unbekannten X-Men Colossus (Andre Tricoteux) und Negasonic Teenage Warhead (Brianna Hildebrand), die das Fehlen bekannter Charaktere wie Professor X oder Wolverine mit Zins und Zinseszins kompensieren.

Starke Sidekicks, blasse Bösewichte

© 2015 Twentieth Century Fox

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Ein Highlight des Films ist nämlich Deadpools hartnäckiger Versuch, den gutmütigen Colossus aufzuhalten, der ungerührt von dessen vergeblichem Versuch bleibt und darauf hofft, dass dieser doch endlich mit dem Unsinn aufhören möge. Genauso ungerührt bleibt Negasonic Teenage Warhead von Wades Sperenzchen. Bei ihr stammt das jedoch aus einer pubertären I-don’t-give-a-fuck-Haltung, die genau wie Colossus‘ biedere Verklemmtheit perfekt mit Deadpools überdrehtem Humor harmoniert. Die Bösewichte hingegen bleiben leider ein wenig blass, was aber nicht schwer ins Gewicht fällt, da das Gesamtpaket so herrlich ist, dass man nicht weiß, ob man mehr von der Action oder von den kranken Witzen will.

Wer auf schwarzen Humor unter der Gürtellinie steht und sich nicht von der exzessiven Gewalt abschrecken lässt, wird in Deadpool einen Film finden, der mehr Herz hat, als man zunächst denkt. Wer Art House erwartet, wird vermutlich kein Freund, der Quasselstrippe.

Randnotiz: Noch mehr Deadpool steht nichts mehr im Weg. Die Fortsetzung bekam bereits grünes Licht.

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4 Antworten

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  3. 18. März 2016

    […] erstaunlich, da das Material schon sehr speziell ist. Doch vielleicht hat ja der enorme Erfolg von Deadpool, einer weiteren Comicverfilmung mit skurrilem Humor und viel Gewalt, […]

  4. 24. März 2016

    […] Ähnliche News: Die Filmkritik zu Deadpool […]

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